Erfahren Sie in unserem Artikel, warum der Familiennachzug ein zentraler Bestandteil des Migrationsrechts ist. Informieren Sie sich, welche gesetzlichen Grundlagen es Ehegatten, Lebenspartnern, Elternteilen und minderjährigen Kindern ermöglichen, in Deutschland wieder zusammenzukommen.
Der Familiennachzug ist eine wichtige Regelung im Migrationsrecht, die es Familien ermöglicht, wieder zusammenzufinden. Doch wer kann dieses Recht in Anspruch nehmen, welche Bedingungen müssen erfüllt werden und welche Herausforderungen gibt es dabei? In diesem Artikel gehen wir ausführlich auf alle Aspekte des Familiennachzugs ein.
Auf einen Blick
Warum ist der Familiennachzug so wichtig?
- Regelungen für Drittstaatsangehörige und Ausnahmen
- Erleichterte Bedingungen für den Familiennachzug von Angehörigen hochqualifizierter Personen
- Arbeitsmarktzugang nach Familiennachzug: Rechte und Einschränkungen
- Herausforderungen des Familiennachzugs
- Die praktische Umsetzung des Familiennachzugs
- Der Familiennachzug als rechtliches und gesellschaftliches Grundrecht
Warum ist der Familiennachzug so wichtig?
Ehe und Familie haben einen hohen Stellenwert in unserer Gesellschaft und genießen verfassungsrechtlichen Schutz. Dieser Schutz gilt selbstverständlich auch für Einwanderinnen und Einwanderer. Der Familiennachzug ermöglicht es, Angehörige aus der Kernfamilie – Ehegatten, minderjährige Kinder sowie Eltern von minderjährigen Kindern – nach Deutschland zu holen. In Ausnahmefällen, wie bei besonderen Härtefällen, kann das Nachzugsrecht auch für weitere Verwandte gewährt werden.
Wenn Sie keine EU-Staatsangehörigkeit besitzen, können Sie unter bestimmten Voraussetzungen von Ihrem Nachzugsrecht Gebrauch machen. Wichtig ist hierbei ein gesicherter Aufenthaltsstatus sowie der Nachweis, dass Sie den Lebensunterhalt für sich und Ihre Familie eigenständig sichern können. Ausnahmen gibt es jedoch beim Nachzug zu deutschen Staatsangehörigen sowie zu Asylberechtigten oder anerkannten Flüchtlingen gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK).
Auch für Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner gibt es spezielle Anforderungen, wie etwa den Nachweis grundlegender Deutschkenntnisse vor der Einreise. Doch auch hier gelten Ausnahmen, insbesondere bei einem Nachzug zu Asylberechtigten oder GFK-Flüchtlingen. Diese Regelungen tragen dazu bei, den Schutz von Ehe und Familie zu gewährleisten und gleichzeitig die Integration in Deutschland zu fördern – unabhängig davon, ob es sich um hetero- oder gleichgeschlechtliche Partnerschaften handelt.
Regelungen für Drittstaatsangehörige und Ausnahmen
Wenn Sie als Drittstaatsangehöriger Familienmitglieder nach Deutschland nachholen möchten, gelten klare Vorgaben. Der bereits in Deutschland lebende Angehörige muss über eine gültige Aufenthaltserlaubnis, eine Niederlassungserlaubnis oder eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU verfügen. Zusätzlich muss ausreichend Wohnraum vorhanden sein und der Lebensunterhalt für die Familie gesichert werden.
Ehepartner, die im Rahmen des Familiennachzugs eine Aufenthaltserlaubnis beantragen, müssen in der Regel grundlegende Deutschkenntnisse vor der Einreise nachweisen. Dies dient dazu, die Integration zu erleichtern und eine erfolgreiche Eingliederung in die Gesellschaft zu fördern.
Ausnahmen vom Sprachnachweis
Es gibt jedoch wichtige Ausnahmeregelungen, bei denen auf den Nachweis von Deutschkenntnissen verzichtet werden kann:
- Beim Nachzug zu Inhaberinnen und Inhabern einer Blauen Karte EU.
- Bei Ehepartnern von Hochqualifizierten, Forschenden oder Selbstständigen.
- Wenn der Ehepartner aufgrund eines Hochschulabschlusses oder eines geringen Integrationsbedarfs keine Sprachkenntnisse nachweisen muss.
- Bei Ehepartnern von Staatsangehörigen aus Australien, Israel, Japan, Kanada, Korea, Neuseeland oder den USA.
- In Härtefällen, wenn der Erwerb von Sprachkenntnissen vor der Einreise unzumutbar ist (z. B. aus gesundheitlichen Gründen oder bei körperlichen, geistigen oder seelischen Einschränkungen).
Nachzug minderjähriger Kinder
Für minderjährige Kinder gelten ebenfalls spezifische Anforderungen. Sie können eine Aufenthaltserlaubnis erhalten, wenn die Eltern oder der allein personensorgeberechtigte Elternteil eine gültige Aufenthaltserlaubnis oder Niederlassungserlaubnis besitzen. Kinder, die das 16. Lebensjahr bereits vollendet haben, müssen jedoch zusätzlich über sehr gute Deutschkenntnisse verfügen, um nachziehen zu können.
Eltern und weitere Familienangehörige
Für Eltern oder Schwiegereltern von Fachkräften, die in Deutschland arbeiten, besteht unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, ebenfalls nach Deutschland zu ziehen.
Andere Familienangehörige können hingegen nur in Ausnahmefällen und bei besonders schwerwiegenden Härtefällen eine Aufenthaltserlaubnis für den Zuzug erhalten.
Erleichterte Bedingungen für den Familiennachzug von Angehörigen hochqualifizierter Personen
Wenn Sie als Ehegattin oder Ehegatte einer Fachkraft oder einer hochqualifizierten Person nach Deutschland ziehen möchten, profitieren Sie von vereinfachten Regelungen. Ein Nachweis über grundlegende Sprachkenntnisse vor der Einreise ist in diesem Fall nicht erforderlich. Auch die Verpflichtung, ausreichenden Wohnraum nachzuweisen, entfällt.
Sollten Sie sich bereits als Angehörige oder Angehöriger einer Inhaberin oder eines Inhabers einer Blauen Karte EU in einem anderen EU-Mitgliedstaat aufgehalten haben, gelten zusätzliche Erleichterungen. So müssen Sie für den Nachzug nach Deutschland lediglich einen bestehenden Krankenversicherungsschutz nachweisen, während die Sicherung des Lebensunterhalts entfällt, wenn Ihrem Angehörigen direkt eine Blaue Karte EU in Deutschland erteilt wird.
Besondere Regelungen für Kinder und Eltern
Als über 16-jähriges Kind einer Fachkraft oder hochqualifizierten Person können Sie ohne weitere Voraussetzungen zu Ihren Eltern nachziehen – auch dann, wenn Ihre Einreise zeitlich nicht mit der Ihrer Eltern zusammenfällt.
Für Eltern oder Schwiegereltern von Fachkräften und hochqualifizierten Personen besteht ebenfalls die Möglichkeit eines Nachzugs nach Deutschland. Voraussetzung ist, dass der Aufenthaltstitel Ihres Kindes oder Schwiegerkindes erstmals ab dem 1. März 2024 ausgestellt wurde. Zusätzlich müssen Sie Ihren Lebensunterhalt sowie einen ausreichenden Kranken- und Pflegeversicherungsschutz eigenständig finanzieren können.
Erleichterungen für Angehörige von Schutzberechtigten
Wenn Sie Ehepartner, Lebenspartner oder ein minderjähriges lediges Kind eines Asylberechtigten, anerkannten Flüchtlings oder subsidiär Schutzberechtigten sind, können Sie unter erleichterten Bedingungen nach Deutschland nachziehen. Dabei entfällt die Sicherung des Lebensunterhalts sowie der Nachweis von Wohnraum, solange der Antrag auf Familiennachzug innerhalb von drei Monaten nach Abschluss des Asylverfahrens gestellt wird. Diese Frist beginnt bei einer gerichtlichen Anerkennung mit dem positiven Bescheid des Bundesamtes.
Auch nach Ablauf dieser Frist ist ein Nachzug möglich, wenn die in Deutschland lebende schutzberechtigte Person nachweisen kann, dass sie sich aktiv um Arbeit und Wohnraum bemüht.
Angehörige langfristig Aufenthaltsberechtigter
Ehepartner oder Lebenspartner von Personen mit langfristiger Aufenthaltsberechtigung aus einem anderen EU-Mitgliedstaat profitieren ebenfalls von vereinfachten Bedingungen. Ein Nachweis von Deutschkenntnissen ist in diesen Fällen nicht erforderlich, wenn die Ehe oder Lebensgemeinschaft bereits im ersten Mitgliedstaat bestanden hat.
Arbeitsmarktzugang nach Familiennachzug: Rechte und Einschränkungen
Als Familienangehörige oder Familienangehöriger, der im Rahmen eines Familiennachzugs nach Deutschland zieht, haben Sie unter bestimmten Voraussetzungen das Recht, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Die Familienzusammenführungsrichtlinie (RL 2003/86/EG) sieht vor, dass nachziehende Familienmitglieder Zugang zur allgemeinen Bildung, zu beruflicher Beratung sowie zur Aufnahme einer selbständigen oder unselbständigen Erwerbstätigkeit haben – und zwar in gleicher Weise wie die Person, zu der der Nachzug erfolgt.
Ihr Zugang zum Arbeitsmarkt richtet sich jedoch stark nach dem Aufenthaltsstatus der zusammenführenden Person. Besitzt diese uneingeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt, gelten dieselben Rechte auch für Sie. Ist der Zugang jedoch an bestimmte Voraussetzungen, wie eine Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit gebunden, trifft dies auch auf Ihren Arbeitsmarktzugang zu.
Eine Besonderheit der Familienzusammenführungsrichtlinie ist die Begrenzung von Arbeitsmarktprüfungen auf maximal zwölf Monate. Damit wird festgelegt, dass der Zugang zu einer Erwerbstätigkeit nach spätestens einem Jahr gewährt werden muss, sofern alle anderen Bedingungen erfüllt sind. Dies stellt eine Erleichterung gegenüber der deutschen Rechtslage dar, bei der in einigen Fällen keine zeitliche Begrenzung für die Arbeitsmarktprüfung besteht.
Das Recht auf Arbeitsmarktzugang gilt jedoch nicht uneingeschränkt für alle Familienangehörigen. Es umfasst in der Regel Ehepartner, minderjährige Kinder und unverheiratete volljährige Kinder sowie Angehörige in gerader aufsteigender Linie wie Eltern. Andere Verwandte, wie Geschwister oder verheiratete Kinder, sind von diesem Recht ausgeschlossen.
Im Vergleich zur aktuellen deutschen Rechtslage bietet die Familienzusammenführungsrichtlinie eine klarere Perspektive für nachziehende Familienmitglieder. Sie schafft einen Rechtsrahmen, der den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtert und zeitliche Begrenzungen für Prüfungen festlegt. Wenn Sie sich unsicher sind, welche Rechte Ihnen im Rahmen Ihres Familiennachzugs zustehen, können unsere Expertinnen und Experten Sie bei der Klärung Ihrer individuellen Situation unterstützen.
Herausforderungen des Familiennachzugs
Wenn Ihre Angehörige oder Ihr Angehöriger einen der folgenden Aufenthaltstitel besitzt, sind die Möglichkeiten für einen Familiennachzug nach Deutschland eingeschränkt:
- Personen mit einem festgestellten Abschiebungsverbot (§ 25 Abs. 3 AufenthG)
- Opfer von Straftaten wie Menschenhandel, Zwangsprostitution oder Ausbeutung (§ 25 Abs. 4a AufenthG)
- Geduldete Jugendliche und junge Erwachsene, die aufgrund guter Integration eine Aufenthaltserlaubnis erhalten haben (§ 25a Abs. 1 AufenthG)
- Geduldete mit nachhaltiger Integration, die einen Aufenthaltstitel besitzen (§ 25b Abs. 1 AufenthG)
- Personen, die aufgrund eines Aufnahmeprogramms aus dem Ausland nach Deutschland gekommen sind (§ 22 AufenthG)
- Personen mit Aufenthaltstiteln, die durch Anordnung einer obersten Behörde erteilt wurden (§ 23 Abs. 1 und Abs. 2 AufenthG)
Fälle, in denen der Familiennachzug grundsätzlich ausgeschlossen ist
Ein Familiennachzug ist generell nicht möglich, wenn Ihre Angehörige oder Ihr Angehöriger einen Aufenthaltstitel in einer der folgenden Kategorien besitzt:
- Aufenthaltserlaubnis für vorübergehende Aufenthalte (§ 25 Abs. 4 AufenthG)
- Aufenthaltstitel als Opfer von Straftaten nach dem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz oder Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (§ 25 Abs. 4b AufenthG)
- Aufenthaltserlaubnis für Geduldete, die aufgrund unverschuldeter Ausreisehindernisse nicht ausreisen können (§ 25 Abs. 5 AufenthG)
- Aufenthaltserlaubnis als Elternteil von gut integrierten, geduldeten Jugendlichen (§ 25a Abs. 2 AufenthG)
- Aufenthaltserlaubnis als Angehörige von gut integrierten Geduldeten (§ 25b Abs. 4 AufenthG)
- Aufenthaltserlaubnis im Rahmen von Altfallregelungen (§§ 104a Abs. 1 Satz 1, 104b oder § 104c AufenthG, Chancen-Aufenthaltsrecht)
Die praktische Umsetzung des Familiennachzugs
Die Beantragung eines Familiennachzugs ist ein komplexer Prozess, der sorgfältige Planung und genaue Kenntnis der gesetzlichen Anforderungen erfordert. Von der Antragstellung bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis müssen Sie mehrere Schritte durchlaufen, bei denen eine gründliche Vorbereitung entscheidend ist.
Zunächst stellen Sie den Antrag bei der zuständigen deutschen Auslandsvertretung im Herkunftsland Ihres Familienangehörigen. Hierfür benötigen Sie eine Vielzahl an Unterlagen, wie Nachweise über die Identität, den Familienstand und – je nach Situation – grundlegende Deutschkenntnisse. Auch der Nachweis über einen gesicherten Lebensunterhalt und ausreichend Wohnraum ist in vielen Fällen erforderlich.
Um Ihnen die Antragstellung zu erleichtern und mögliche Fehler zu vermeiden, bieten wir auf unserem Portal die Unterstützung durch erfahrene Anwältinnen und Anwälte an. Diese helfen Ihnen, die Anforderungen zu erfüllen, alle notwendigen Unterlagen korrekt einzureichen und die Kommunikation mit den Behörden effizient zu gestalten.
Unsere Expertinnen und Experten stehen Ihnen zur Seite, um Fragen zu klären, individuelle Lösungen zu finden und den gesamten Prozess so reibungslos wie möglich zu gestalten. Mit dieser Unterstützung können Sie sicherstellen, dass Ihr Antrag bestmöglich vorbereitet ist und Ihre Familie bald wieder zusammenfinden kann.
Der Familiennachzug als rechtliches und gesellschaftliches Grundrecht
Die Familieneinheit zählt zu den grundlegenden Rechten und wird im deutschen Recht umfassend geschützt. Je nach den individuellen Umständen von geflüchteten oder migrierten Familien gibt es verschiedene gesetzliche Regelungen, um Familien zusammenzuführen oder bestehende familiäre Bindungen zu bewahren.
Rechtsgrundlagen des Familiennachzugs
Das Aufenthaltsgesetz (AufenthG) bildet die Grundlage für den regulären Familiennachzug zu Deutschen sowie zu Drittstaatsangehörigen. Die Bestimmungen finden sich im 6. Abschnitt des Gesetzes (§§ 27 ff AufenthG) und enthalten spezielle Regelungen, die den Nachzug zu Schutzberechtigten erleichtern sollen.
Für Familienangehörige von EU-Bürgerinnen und -Bürgern gilt hingegen das Freizügigkeitsgesetz/EU (FreizügG/EU). Angehörige von türkischen Staatsangehörigen, die aufgrund der Assoziationsrechte besonderen Regelungen unterliegen, werden ebenfalls durch eigene Vorschriften geschützt.
Besondere Bestimmungen während des Asylverfahrens
Während des Asylverfahrens können Familienangehörige aus außereuropäischen Ländern nicht nachziehen. Sollte sich die Familie jedoch bereits in einem europäischen Land befinden, ermöglicht die Dublin-Verordnung die Familienzusammenführung. Innerhalb Deutschlands wird besonderer Wert auf den Schutz enger familiärer Bindungen gelegt, auch während eines laufenden Asylverfahrens.
Wer hat Anspruch auf Familiennachzug?
Nach dem Aufenthaltsgesetz steht das Recht auf Familiennachzug primär der sogenannten Kernfamilie zu. Dazu gehören:
- Ehepartnerinnen und Ehepartner,
- minderjährige Kinder,
- sorgeberechtigte Eltern minderjähriger Kinder.
Weitere Angehörige, wie Großeltern oder Geschwister, können in Ausnahmefällen nachziehen. Dies gilt jedoch nur, wenn besondere Härtefälle, wie etwa eine schwere Krankheit oder Pflegesituationen, vorliegen. Für EU-Staatsangehörige sowie türkische Staatsangehörige gelten weiter gefasste Regelungen, die auch Verwandte außerhalb der Kernfamilie einschließen können.
Familienschutz und Aufenthaltstitel aus familiären Gründen
Vom klassischen Familiennachzug zu unterscheiden ist der sogenannte Familienschutz. Hierbei handelt es sich nicht um den Nachzug von Angehörigen, sondern um den Schutzstatus, den Familienmitglieder von bereits schutzberechtigten Personen ableiten können – vorausgesetzt, sie befinden sich bereits in Deutschland.
Ein Aufenthaltstitel aus familiären Gründen kann außerdem für Personen infrage kommen, die sich bereits in Deutschland aufhalten, auch ohne gültigen Aufenthaltstitel. Voraussetzung ist, dass sie familiäre Bindungen, wie eine Ehe oder minderjährige Kinder, zu Personen mit Aufenthaltsrecht haben.