Viele Erhöhungen von Kontoführungsgebühren wurden durch „stillschweigende Zustimmung“ der Kontoinhaber eingeführt. Diese ist in den meisten AGB verankert. Laut aktueller höchstrichterlicher Rechtsprechung benachteiligen diese Klauseln die Verbraucherseite. Eine Erhöhung der Kontogebühren ist nun an die ausdrückliche Zustimmung geknüpft. Bereits gezahlte Gebühren können bis zur Verjährungsfrist zurückgefordert werden, wenn sie auf ungültigen Klauseln basieren.
Aufgepasst: Neues Urteil stärkt Rechte von Bankkunden
Wie sieht es bei Ihnen aus, haben Sie in den vergangenen Jahren häufiger von Ihrer Bank oder Sparkasse gehört und zwar aus einem bestimmten Grund: der Erhöhung der Kontoführungsgebühren? In manchen Fällen sind es monatliche Kosten für die Nutzung eines Girokontos, manchmal müssen Sie einfach plötzlich dafür zahlen, dass Sie zum Beispiel den Kontoauszugsdrucker nutzen oder es fallen auf einmal bei einer Bargeldeinzahlung Gebühren an. Dieses Geschäftsmodell funktionierte viele Jahre und ließ Verbraucher häufig im Unklaren darüber, ob und wie das ohne Weiteres möglich war. Doch seit April 2021 ist klar: Banken müssen ihre langjährig erprobte Geschäftspraxis überarbeiten und Forderungen nach Rückerstattungen möglicherweise nachkommen.
Auf das Kleingedruckte kommt es an: Klauseln zur Vertragsänderung
Nicht nur beim Abschluss eines Kaufvertrags kommt es auf das sogenannte Kleingedruckte an. Auch in vielen anderen Bereichen ist es aus Verbrauchersicht sinnvoll, sich einmal genauer mit den Klauseln zu beschäftigen. Besonders bei der Kontoeröffnung bei einer Bank oder Sparkasse haben wir die Erfahrung gemacht, dass Kontoinhaber nicht genau hingesehen haben bei den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). Ein neues Urteil des Bundesgerichtshof (BGH) macht einmal mehr deutlich, dass es genau hier wichtig ist, sich mit der Thematik zu beschäftigen. Denn in der Regel lassen sich Gebühren nachträglich zurückfordern, die Banken ihren Kunden in Rechnung gestellt haben.
Zum Hintergrund: Bankgebührenerhöhungen vorinstanzlich geprüft
In den letzten Jahren haben Banken und Sparkassen immer wieder ihre Gebühren erhöht. Das Vorgehen dabei ist schnell erklärt: Die Kunden wurden vorab per Post über die Entscheidung in Kenntnis gesetzt und hatten ein zweimonatiges Widerspruchsrecht. Wurde von diesem kein Gebrauch gemacht, bezog man sich auf die sogenannte „stillschweigende Zustimmung“. Diese ist bei den meisten Kreditinstituten als Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen verankert und war bisher gängiges Vorgehen.
Mittlerweile haben sich einige Vorinstanzen mit dem Thema auseinandergesetzt. Unter anderem wies das Landgericht Köln im Juni 2018 eine Klage des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) ab, der ein Verbot der Klauseln forderte, weil diese nicht transparent genug für die Kunden seien. Es wurde Berufung eingelegt. Daraufhin entschied das Oberlandesgericht im Dezember 2019, dass derartige Klauseln den gesetzlichen Vorgaben entsprächen und wies die Forderung der Verbraucherschützer ab. Ein vorzeitiges Ende in dieser Angelegenheit? Nicht ganz.
BGH-Urteil öffnet Weg zur Rückerstattung
Bei der Anpassung der Gebühren, die im Rahmen einer Anpassung der AGB der Banken vollzogen wurde, handelt es sich genau genommen um eine Änderung des Vertrags. Dies sah auch der BGH so und traf sein verbraucherfreundliches Revisionsurteil vom 27.04.2021 (Az. XI ZR 26/20). Die Klauseln, die Banken häufig dazu genutzt hatten, um ihre AGB zu ändern, wurden als unwirksam erklärt. In der Begründung des BGH hieß es, dass derartige Klauseln ungültig seien, weil sie die Verbraucherseite unangemessen benachteiligen würden. Schließlich könnten im Rahmen der Vertragsklauseln Bestimmungen einseitig getroffen werden, die sich zugunsten der Zahlungsdienstleister verschieben würden. So wäre es durch eine „stillschweigende Zustimmung“ beispielsweise möglich, dass Kunden durch kostenlose Dienste angeworben und dann ohne Zustimmung an darauffolgende Kontogebühren gebunden seien. Aus diesem Grund entschied der BGH, dass Erhöhungen der Kontoführungsgebühren von nun an einer ausdrücklichen Zustimmung bedürfen. Eine schlichte Information über die Erhöhung sei nicht mehr ausreichend.
Was bedeutet das für Sie als Bankkunden?
Mit sehr großer Wahrscheinlichkeit hat auch Ihr Finanzdienstleister in der Vergangenheit von der Praxis Gebrauch gemacht und Sie auf Grundlage einer AGB-Änderung zu (höheren) Gebühren veranlasst. Denn faktisch ist eine Vielzahl von Konten deutscher Kreditinstitute von dem BGH-Urteil betroffen, so unter anderem die ING-DiBa, Postbank, Deutsche Bank und Commerzbank sowie einige regionale Sparkassen, Volksbanken und Landesbanken.
Als Folge des BGH-Urteils können Sie bereits geleistete Entgelte für Girokonten zurückfordern. Durch die aktuelle Rechtsprechung steht Ihnen der Weg offen, die von Ihnen zu Unrecht gezahlten Gebühren von Ihrer Bank zurückzufordern. Dies gilt zumindest rückwirkend für den Zeitraum bis zum 1. Januar 2018, da darüber hinaus die Verjährungsfristen greifen.
Zusammenfassung: Rückforderung von Kontogebühren
- Laut BGH-Urteil sind AGB-Klauseln ungültig, die eine stillschweigende Zustimmung bei der Erhöhung oder Anpassung von Kontogebühren konstruieren.
- Begründung für Unwirksamkeit: Diese könnten sonst zu unangemessener Benachteiligung von Kundschaft führen.
- Bereits geleistete Entgelte können von Bankkunden zurückgefordert werden.
- Dies gilt für Gebührenerhöhungen nach dem 01.01.2018.
- AGB mit entsprechenden Zustimmungsfiktionen müssen von Banken angepasst werden.
- Preise und AGB von Kontoeröffnung behalten ihre Gültigkeit.
- Jede erneute Preiserhöhung erfordert Zustimmung des Kunden.
- Bei Nichtzustimmung haben Kreditinstitute jedoch die Möglichkeit, von ihrem ordentlichen Kündigungsrecht Gebrauch zu machen. Dies hätte eine Auflösung Ihres Kontos zur Folge.
Rückforderungen explizit einfordern und Konditionen prüfen
Allgemein raten Experten wie unsere Partnerkanzleien unbedingt dazu, selbst die Initiative in diesem Zusammenhang zu ergreifen. Es kann kaum mit dem Entgegenkommen von Banken- bzw. Sparkassenseite gerechnet werden. Außerdem können Kreditinstitute im Falle einer Nicht-Zustimmung von ihrem außerordentlichen Kündigungsrecht Gebrauch machen und Ihnen das Bankkonto kündigen. Aber: Dieses Kündigungsrecht gilt auch für Sie und kann bei unerwünschten Gebührenerhöhungen genutzt werden.
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